Corona macht „Druck im Kessel“

Martin Schwertner, Leiter der Operativen Intensivstation, berichtet vom Arbeitsalltag in Corona-Zeiten

Für viele fühlt es sich so an, als wäre die Welt seit letztem Jahr irgendwie stehen geblieben, nichts ist mehr, wie es einmal war, alles hat sich verändert. Davon betroffen ist nicht nur unser Alltag, bestimmt durch harte Regeln, Homeschooling und Lockdown, sondern auch der „Mikrokosmos Krankenhaus“. Besuchsverbote, Absagen von Operationen, enorme Anstrengungen, um die dringend benötigten Materialien zu beschaffen, ständige Situationsänderungen und dazu die Ungewissheit, was noch kommen wird. Diese Krise ist für alle unglaublich anstrengend, doch besonders für die Pflegefachkräfte auf der Intensivstation, denn da geht es jeden Tag wortwörtlich um Leben und Tod. „Durch Corona ist ordentlich Druck im Kessel“, weiß Martin Schwertner, Leiter der Operativen Intensivstation am Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus Bochum.

Bereits seit 25 Jahren leitet der 59-Jährige die Operative Intensivstation und ist insgesamt seit 43 Jahren am Knappschaftskrankenhaus. Während dieser Zeit hat er viel erlebt, aber so etwas wie Corona stellte und stellt selbst einen erfahrenen Pflegeexperten wie ihn vor neue Herausforderungen. „Wir sehen hier täglich, dass Corona eine echte Bedrohung ist. Da kann sich niemand rausnehmen. Wir haben bei uns auch schon den fitten Mittvierziger liegen gehabt, nicht vorerkrankt, nix.“ Für Corona-Leugner hat er dementsprechend wenig Verständnis.

Derzeit betreut er auf seiner Station einen sehr jungen Mann, der an Covid-19 erkrankt ist. Aufgrund eines akuten Lungenversagens benötigt er eine sogenannte ECMO-Therapie (extrakorporale Membranoxygenierung). Auch wenn die Intensivstation zunächst scheinbar kein Umfeld für positive Erlebnisse zu seien scheint, so gibt es sie doch, die kleinen Silberstreifen am Horizont zwischen Dauerpiepen, Desinfektionsmittel und dem Pumpen des Beatmungsgeräts.

„Gestern war ein stressiger Tag: Vieles musste organisiert werden, es gab Spannungen, schwierige Entscheidungen mussten getroffen werden, aber dann war da ein Patient, der mir echt den Tag gerettet hat“, erinnert sich Schwertner. „Wir haben einen Mann mobilisiert und in einen Sessel gesetzt. Da er sich nicht verbal äußern konnte, hat er beide Daumen nach oben gestreckt und so seine Freude ausgedrückt. Da war für mich klar: So schlecht war der Tag doch nicht“.

Auch wenn er viel Erfahrung und Routine in seiner Arbeit hat, manche Schicksale lassen ihn trotzdem nicht los, die nimmt er mit nach Hause. Und das wird mit dem Alter eher mehr als weniger, verrät er. Als belastend fand es zum Beispiel als während des ersten Lockdowns kein Besucher in die Klinik durfte, auch nicht, um von seinen Angehörigen Abschied nehmen zu können und die Hand zu halten. Wenn es die Zeit zuließ, haben die Pflegekräfte diese Aufgabe übernommen, damit niemand allein gehen musste. Auch wenn seit Ende Oktober im Knappschaftskrankenhaus erneut ein striktes Besuchsverbot gilt, so versucht man doch nun, ein Begleiten in der letzten Lebensphase zu ermöglichen. Eine Erleichterung - für die Angehörigen, aber auch für die Pflegekräfte.

Angst, sich selbst anzustecken, hat Schwertner übrigens nicht. „Durch das Engagement unseres Wareneinkaufs haben wir hier von Anfang an alles an Schutzkleidung erhalten, was wir für einen optimalen Schutz brauchen. Das ist wichtig, denn nur mit diesem Gefühl der Sicherheit ist auch die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter/innen gleichbleibend hoch. Und wer sich mal unpässlich fühlte, konnte sich umgehend testen lassen.“ Ein Erfolgsrezept, das bis heute trägt, denn bislang wurde keiner der 64 Mitarbeiter auf seiner Station positiv auf das Corona-Virus getestet und darauf ist er sichtlich stolz.

Doch dazu gehören auch viel Disziplin und eine hohe Belastbarkeit, denn die medizinische Betreuung von Patienten mit Covid-19 ist sehr zeitintensiv. Während die durchschnittliche Verweildauer von Patienten rund fünf Tage beträgt, liegen Patienten mit Covid-19 im Schnitt über Wochen auf der Intensivstation. „Zum Teil arbeiten wir in kompletter Schutzmontur bis zu drei Stunden bei nur einem Patienten im Zimmer. Einige Kollegen sind danach so durchgeschwitzt, dass sie erst mal duschen müssen“, erzählt der Leiter der Intensivstation.

Seit letztem Jahr trägt Schwertner gemeinsam mit seinen vielen Kollegen und Kolleginnen auch offiziell das Prädikat „systemrelevant“ und seine tagtägliche Arbeit am und für den Patienten wurde reichlich beklatscht. Mittlerweile ist es in der Gesellschaft ruhiger geworden, eine gewisse Corona-Trägheit ist eingekehrt, doch für Schwertner gibt es kein Nachlassen. „Der Aufwand auf meiner Station ist permanent hoch und die Allgemeinsituation maximal belastend“, erklärt er und hofft, dass sich die Lage durch die Impfung verbessern wird. „Wir wollen alle, dass die Pandemie bald vorbei ist, aber bis dahin müssen wir weiter unser Bestes im Kampf gegen das Virus geben.“ Und das jeden Tag, jede Stunde, jede Minute - mit Schutzanzug, FFP2-Maske, Handschuh und Haube. 

Text: B. Braunschweig
Bianca Braunschweig M.A.
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0234 / 299-84033
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