Untersuchungsmethoden

Untersuchungsmethoden

Die Besonderheit der Untersuchung von Epilepsiepatienten ist, dass die Ereignisse, um die es geht (Anfälle, anfallsartige Symptome), in aller Regel nicht auftreten, während der oder die Betroffene beim Arzt ist. Daher ist die Kunst des Epileptologen, sich durch intensives, aktives Erfragen von Details der stattgehabten Ereignisse ein präzises Bild hiervon zu machen. Häufig kann alleine hierdurch eine zutreffende Diagnose gestellt werden. Sehr hilfreich ist jedoch, wenn durch den Patienten oder Begleitpersonen Videos früherer Anfälle vorgeführt werden können. Weitere Fragen betreffen die Ursache der Epilepsie und bisherige Therapien. Eine epileptologische Anamnese und Beratung dauert nicht selten über eine Stunde.

Im Routine-EEG (20 Minuten Untersuchungsdauer) wird nach herdförmigen oder globalen Hirnfunktionsstörungen gesucht. Bei Epilepsiepatienten kann hierüber die Erkrankung gesichert und die Art der Epilepsie ermittelt, bei Herdepilepsien auch die Lage des Anfallsherdes verortet werden. Auch bei Patienten mit anderen Erkrankungen (z.B. Demenzen, Stoffwechselstörungen) kann das EEG diagnostisch hilfreich sein.

Viele Epilepsien haben ihren Ursprung in einer umschriebenen Region des Gehirns. Häufige Ursachen für Epilepsien sind Narben, Fehlbildungen des Gehirns, Gefäßmissbildungen, oder gutartige Tumoren (Abbildung 1).


Abbildung 1: Vier typischerweise zu Epilepsien führende Hirnveränderungen (sogenannte Läsionen): A: Ammonshornsklerose; B: Gangliogliom; C: Dysembryoplastischer Neuroepithelialer Tumor; D: Cavernom. Mit Ausnahme des Cavernoms sind alle anderen Befunde bei Patienten ohne Epilepsie sehr unüblich und werden daher oft verkannt.

Spätestens, wenn sich im Verlauf der Erkrankung herausstellt, dass die Anfälle nicht hinreichend durch Medikamente zu kontrollieren sind, sollte bei einem Epilepsiepatienten eine hochauflösende bildgebende Untersuchung des Gehirns durchgeführt werden, um die Ursache zu erkennen. Die Kernspintomographie hat sich wegen der besseren räumlichen Auflösung und Kontrastdarstellung gegenüber der Computertomographie allgemein als Methode der Wahl zur Untersuchung von Epilepsiepatienten durchgesetzt. Aber auch innerhalb der Kernspintomographien ergeben sich sehr große Unterschiede. Diese liegen:
  • in der Magnetfeldstärke des Gerätes
  • in der Verwendung spezieller Protokolle
  • in der Verwendung einer computerisierten Nachbearbeitung der Aufnahmen
Der heutige Goldstandard der Magnetfeldstärke liegt bei 3 Tesla. Ältere Geräte mit 1,5 Tesla werden noch häufig eingesetzt, erlauben aber weniger präzise Darstellungen z.B. des Übergangs vom Hirnmantel (Kortex, graue Substanz) zum Marklager (weiße Substanz) (Abbildung 2). Geräte mit einer Magnetfeldstärke von 1,0 oder 0,5 Tesla sollten wegen einer mangelhaften Auflösung nicht mehr für Epilepsiepatienten verwendet werden.


Abbildung 2: Vergleich der Bildschärfe bei 1,5 (A) und 3,0 Tesla (B) (selber Patient; zu sehen ist eine Polymikrogyrie, also eine Hirnaufbaustörung).

Viele Kernspin-Untersuchungen werden in nicht auf Epilepsiepatienten spezialisierten Praxen durchgeführt. Die verwendeten Untersuchungsprotokolle („Sequenzen“) sind daher häufig nicht auf die Besonderheiten von Epilepsiepatienten abgestimmt. Hierdurch ist die Sensitivität für epileptogene Läsionen deutlich eingeschränkt (Abbildung 3).


Abbildung 3: Bei diesem Patienten wurde eine umschriebene Hirnrindenfehlbildung (fokale kortikale Dysplasie Typ IIB) auf Standard-MRTs übersehen (A1,2). Erst die hochauflösenden Kernspinbilder mit 1mm-Schichten (B1,2) zeigten klar die Läsion.

Durch die Ruhr-Epileptologie wurde ein international akzeptiertes Epilepsieprotokoll für ambulante Epilepsiepatienten entworfen und publiziert. Es kann auf jedem 1,5 und 3 Tesla MRT-Scanner angewendet werden. Fragen Sie Ihren Radiologen, ob er statt des „Standard-Hirn-Programms“ bei Ihnen dieses epilepsiespezifische Protokoll anwenden kann.

Ein zusätzlicher Gewinn an Information kann gewonnen werden, wenn die Kernspinbilder computerisiert nachbearbeitet werden.

Das Video-EEG-Monitoring wird eingesetzt um Anfallsereignisse aufzeichnen zu können. Das Aussehen und der zeitliche Ablauf der Anfälle sind hierbei genau so wichtig wie das parallel aufgezeichnete EEG. So kann die Natur der Anfälle (epileptisch, nicht-epileptisch), aber im Falle epileptischer Anfälle auch die Region des Anfallsursprungs im Gehirn identifiziert werden.

Hintergrund

Nicht alle anfallsartig auftretenden Gesundheitsstörungen sind epileptische Anfälle. Andere Ursachen hierfür können Durchblutungsstörungen des Gehirns (Synkopen), psychogene Anfälle, oder zahlreiche weitere Erkrankungen sein. Häufig gelingt es dem behandelnden Arzt bereits durch die Erfragung des präzisen Anfallsverlaufs eine richtige Zuordnung.
  • Epileptische Anfälle - Epilepsiesyndrom - bei fokalen Epilepsien Ort des Anfallsursprungs
  • Synkopen, insbesondere konvulisve Synkopen
  • Psychogene nicht-epileptische Anfälle
  • Schlaganfall oder Transitorische ischämische Attacke
  • Tics
  • Panikattacken
  • Migräne
  • Narkolepsie
  • REM-Schaf-Verhaltensstörung
  • Sonstige Bewegungsstörungen
Auswahl von Differentialdiagnosen anfallsartiger Erkrankungen . Die Therapiemöglichkeiten dieser Erkrankungen unterscheiden sich grundlegend, sodass eine sorgfältige Diagnostik von größter Bedeutung ist.

Schwierig wird es aber, wenn die Ereignisse nicht oder nicht in Gänze von den Patienten erinnert werden können (z.B. im Falle eines Bewusstseinsverlustes), und wenn sie nicht von Dritten beobachtet wurden. Auch ist die Schilderung der Anfälle durch Dritte nicht immer präzise. Au

m Arzt die Möglichkeit, den Anfallsverlauf sehr detailliert am Video zu studieren (Abbildung 1) und somit eine Einordnung der Ursache vorzunehmen. Das gleichzeitig registrierte EEG (Abbildung 2) liefert ebenfalls wichtige Hinweise auf die Ursache der anfallsartigen Ereignisse. Letztlich zeigt das mit aufgenommene EKG an, ob im Verlauf des Anfallsereignisses Herzrhythmusstörungen (z.B. Herzpausen) vorlagen.



Abbildung 1: Abfolge der Bewegungen eines Patienten während eines Anfalls. Die hier gezeigte Sequenz ist typisch für Anfälle mit einem Anfallsursprung im Stirnlappen des Gehirns (aus: Leung et al., Mesial frontal epilepsy and body turning along the horizontal body axis. Arch Neurol 2008;65:71-77).



Abbildung 2: Patient mit linksseitiger Schläfenlappenepilepsie. EEG vor dem Anfall (links); EEG im Anfall (rechts; siehe die Rhythmisierung der Aktivität in den Ableitungen, die über dem linken Schläfenlappen liegen).

Das Video-EEG-Monitoring ist aber auch eines der zentralen Werkzeuge bei der räumlichen Zuordnung der Zone des Anfallsursprungs im Rahmen der prächirurgischen Epilepsiediagnostik.

Ablauf des Video-EEG-Monitorings

Vorteil des Video-EEG-Monitorings gegenüber dem Routine-EEG ist die längere Ableitedauer. Sie kann 24 und mehr Stunden betragen, unter besonderen Fragestellungen wie der prächirurgischen Epilepsiediagnostik ist auch mehr als einwöchiges Monitoring möglich. Der Patient befindet sich dann so lange im Monitoringbett bzw. im Monitoringbereich, bis hinreichend viele Anfälle aufgezeichnet wurden. Um die Zeit im Monitoring so kurz wie möglich zu halten, wird in der Regel die bestehende antiepileptische Medikation vorübergehend reduziert. Darunter ist die Wahrscheinlichkeit schnell Anfälle registrieren zu können erhöht. Es steigt aber die Gefahr größerer und schwerer Anfälle als üblich. Daher kann Ihnen das Personal (Schwestern, EEG-Assistentinnen, Ärzte) im Zeitraum der Medikamentenreduktion Bettruhe, gegebenenfalls strenge Bettruhe verordnen, an die Sie sich halten müssen. Derzeit verfügt die Ruhr-Epileptologie über vier Video-EEG-Monitoring-Plätze.



Eines unserer Video-EEG-Monitoring-Zimmer

Neuropsychologische Diagnostik und Therapie
Aufgaben & Zielsetzungen im Bereich Diagnostik

  • Untersuchung der kognitiven Domänen Intelligenz, Aufmerksamkeit, Exekutivfunktionen, Gedächtnis, Sprache, visuell-räumliche Leistungen, motorische Funktionen/Psychomotorik
  • Papier- und Bleistift-Tests oder computergestützte Verfahren z.B. NeuroCog FX®
  • Screening einer psychiatrischen Komorbidität (Inzidenz 20-40%), z.B. Depressivität
  • Erfassung der Lebensqualität
  • Erfassung von Veränderungen/ Störungen der kognitiven Leistungsfähigkeit
  • Inwiefern sind die kognitiven Störungen Epilepsie- assoziiert?
  • Lateralisation (linke/rechte Hirnhälfte)- und Lokalisationsdiagnostik im Rahmen epilepsiechirur-gischer Eingriffe
  • Kognitives Monitoring im Rahmen der Einstellung einer medikamentösen Therapie



Aufgaben & Zielsetzungen im Bereich der Therapie und postoperativen Rehabilitation
  • Training kognitiver Teilleistungsstörungen durch computergestützte neuropsychologische Trainingsprogramme (z.B. Cogpac oder RehaCom)
  • Erfolgskontrolle und Qualitätssicherung therapeutischer Maßnahmen durch Verlaufsuntersuchungen <
  • Psychoedukation, z.B. Unterstützung bei der Entwicklung von Bewältigungskompetenzen und sozialer Kompetenz, Verbesserung der Krankheitsverarbeitung- und akzeptanz, Stärkung des Selbstwertgefühls
  • Verhaltenstherapeutische Therapieelemente wie soziales Kompetenztraining oder Erlernen von Entspannungsverfahren im Einzel- und Gruppensetting Erarbeitung und Vermittlung von Strategien zum Ausgleichen beeinträchtigter Funktionen durch ungestörte andere Funktionen Training von Kompensationsmöglichkeiten, z.B. Anwendung externer Hilfsmittel bei Gedächtnisstörungen (Notizblöcke, Methode der Orte)

Bei Epilepsiepatienten, bei denen trotz einer medikamentösen Therapie weiterhin Anfälle auftreten, kann die Möglichkeit einer operativen Entfernung des Anfallsherdes überprüft werden. Ob dieses Therapieverfahren bei einem Patienten infrage kommt, wird im Rahmen einer aufwändigen Diagnostik überprüft.

Hintergrund

Ca. 30 bis 40% der Epilepsiepatienten werden trotz medikamentöser Therapie nicht dauerhaft anfallsfrei. Sofern bei diesen eine fokale Epilepsie vorliegt (präziser: alle Anfälle nur einem umschriebenen Areal im Gehirn ihren Ausgang nehmen; Abbildung 1), sollte versucht werden, dieses Hirnareal (den epileptischen Herd oder Fokus) zu identifizieren. Sollte er günstig gelegen sein (insbesondere nicht überschneidend mit funktionell wichtigen Hirnarealen wie einem Sprachzentrum) kann dem Patienten unter Umständen ein epilepsiechirurgisches Vorgehen mit einer bis zu 90%igen Chance auf Anfallsfreiheit angeboten werden.



Abbildung 1: Modell einer fokalen Epilepsie. Bei dieser Epilepsieart geht die Anfallsaktivität von einer umschriebenen Region des Gehirns aus und kann sich von dort auf andere Hirnareale ausbreiten. Ziel ist, die epileptogene Zone (annäherungsweise übereinstimmend mit der Zone des Anfallsbeginns) zu entfernen. Gelingt dieses, kann Heilung von der Epilepsie erreicht werden.

Wichtig ist zu wissen, dass nicht alle Patienten gleichermaßen gute OP-Kandidaten sind. Man kann die Patienten in einfache, schwierigere, sehr schwierige und keine OP-Kandidaten unterteilen. Eine erste Einordnung der Patienten gelingt häufig bereits nach einem ersten Patientengespräch, bei dem der genaue Ablauf der epileptischen Anfälle erfragt wird, und einer nach epileptologischen Kriterien durchgeführten, hochauflösenden Kernspintomographie (siehe auch Interdisziplinäre Epileptologisch-Neuroradiologische Ambulanz, I.E.N.A.). Dennoch sollte regelhaft bei allen Patienten vor einer Aufklärung über einen möglichen epilepsiechirurgischen Eingriff eine Anfallsaufzeichnung im Video-EEG-Monitoring erfolgen. Eine Neuropsychologische Testung ergänzt das Spektrum der prächirurgischen Standard-Untersuchungen. Sollte nach diesen Untersuchungen weiterhin Unklarheit über die Lage des Anfallsherdes bestehen, können weitere Untersuchungen wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), die Single-Photon-Emission-Tomography (SPECT), oder eine Magnetoencephalographie (MEG) durchgeführt werden. Die prächirurgische Diagnostik wird aufgrund der Komplexität der Fragestellung und der zwischenzeitlichen Reduktion der Antiepileptika grundsätzlich stationär durchgeführt. Bei einem Teil der Patienten liefern auch die gerade genannten Verfahren keinen hinreichenden Hinweis auf die Zone des Anfallsursprungs, oder mehrere Hypothesen müssen gegeneinander abgewogen werden. In diesem Fall kann eine invasive prächirurgische Epilepsiediagnostik weiterhelfen. Das Ziel der prächirurgischen Diagnostik ist, Patienten zu identifizieren, die von einem operativen Eingriff profitieren können (Abbildung 2).



Abbildung 2: 19-jährige Patientin mit Anfällen seit dem 6. Lebensjahr. Die Anfälle verweisen auf einen umschriebenen Anfallsursprung, die Routine-EEG-Diagnostik war nicht wegweisend. Auch in mehreren Kernpintomographien des Gehirns konnte kein Hinweis auf den Anfallsursprung gefunden werden. Erst nach einem MRT postprocessing und einer invasiven prächirurgischen Diagnostik wurde der Anfallsherd gefunden. Vor der Operation hatte die Patientin bis zu 4 Anfälle/Tag, seit der sehr umschriebenen Operation ist die Patientin ohne OP-bedingte Defizite anfallsfrei. A Vor der Operation: sehr kleine Hirnrindenfehlbildung; B sehr umschriebener Operationsdefekt.

Wir empfehlen, bereits nach dem zweiten, nicht zur Anfallsfreiheit führenden Antiepileptikum, spätestens aber zwei Jahre nach Beginn der Epilepsie eine Vorstellung in einen auf die prächirurgische Epilepsiediagnostik spezialisierten Zentrum, um die Möglichkeit eines chirurgischen Vorgehens einschätzen zu können.



Wenn es erforderlich ist, vor epilepsiechirurgischen oder tumorneurochirurgischen Eingriffen die Lage wichtiger Hirnfunktionen genau zu kartieren, kann dieses über die sogenannte Elektrokortikostimulation erfolgen. Hierbei werden schwache Stromreize auf die Gehirnoberfläche aufgebracht und gleichzeitig überprüft, ob hierunter sprachliche, sensible oder motorische Funktionsareale liegen.

Die vorübergehende „Ausschaltung“ eines Teils des Gehirns erlaubt, den Effekt neurochirurgischer Eingriffe einzuschätzen. Meistens wird hierüber überprüft, ob nach einer Operation funktionelle Störungen zu erwarten sind. Eine andere Indikation ist es, zu klären, ob die Ausbreitung epileptischer Aktivität (meistens auf die andere Gehirnhälfte) durch die kurze Narkose im Versorgungsgebiet einer Hirnarterie unterbunden werden kann (Durchführung in Kooperation mit dem Institut für Radiologie).

Die Bildgebung ist in der Epileptologie wie in anderen neurologischen Fachdisziplinen mittlerweile eine der zentralen diagnostischen Säulen. Im Gegensatz zu anderen Teilbereichen der Neurologie benötigt die Epileptologie jedoch die Kombination („Koregistrierung“) struktureller und funktioneller Bildgebungsdatensätze und deren Integration in die neurochirurgische Neuronavigation. Die Ruhr-Epileptologie führt Koregistrierungen von MRT, morphometrischer MRT-Analyse, CT, PET, SPECT, EEG- und MEG-basierter Quellenlokalisation durch.
Ruhr-Epileptologie
Klinik für Neurologie
Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus  Bochum GmbH
In der Schornau 23–25
44892 Bochum

Telefon: 0234 299–3993
Telefax: 0234 299–3739
E-Mail: epileptologie@kk-bochum.de
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